Politische Teilhabe

Gelebte Demokratie – eine deutsche Systemerrungenschaft

Die Bundesrepublik Deutschland hat eine stabile Demokratie und eine starke Volkswirtschaft mit relativ soliden Staatsfinanzen und hohem Lebensstandard. Die deutsche Gesellschaft ist weitgehend tolerant und friedlich.

Als einer der Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass das so ist, wird immer wieder die funktionierende politische Teilhabe der Bevölkerung genannt. Gerade in letzter Zeit ist das Thema Bürgerbeteiligung vor dem Hintergrund wahlentscheidender Bürgerproteste um große Infrastrukturprojekte wie Stuttgart 21, die Fehmarn Belt Querung u.a. Großprojekte in Deutschland und anderen Ländern hoch auf die politische Agenda gerückt.

Demokratie ist eine wesentliche Voraussetzung für ein Leben in Würde und Freiheit. Freie und faire Wahlen sind nicht das einzige grundlegende Prinzip einer Demokratie. Bürgerinnen und Bürger müssen auch in der Zeit zwischen den Wahlterminen das Recht und die Möglichkeit haben, ihre Interessen zu äußern und sich an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen zu beteiligen – ein Mechanismus, der für uns in Deutschland heute selbstverständlich ist, der jedoch eine Errungenschaft darstellt, die viele Länder noch nicht -erreicht haben.

Politische Teilhabe wird möglich, wenn auf staatlicher Ebene demokratische Institutionen (z.B. Parlamente) gestärkt und formale Strukturen für die Teilhabe aufgebaut werden (z.B. durch die partizipative Gestaltung von Entscheidungsprozessen). Gleichzeitig müssen die demokratischen Prinzipien und Verfahren auf der gesellschaftlichen Ebene verankert werden. Dazu gehört die Stärkung der Zivilgesellschaft als Sprachrohr und Aufklärer der Bevölkerung sowie ein verbesserter Zugang zu Informationen.

Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) fördert Demokratie als Wert und als politische Ordnung in den Partnerländern. Der Aufbau formaler Strukturen und demokratischer Institutionen und die gesellschaftliche Verankerung demokratischer Prinzipien und Verfahren wird unterstützt. Freie, allgemeine und geheime Wahlen sind der wichtigste Ausdruck des politischen Willens der Bürger. Sie begründen die Legitimität von Mandatsträgern und politischen Entscheidungen und sind der stärkste Mechanismus zur Sanktionierung staatlichen Handelns, der Bürgern in demokratischen Systemen zur Verfügung steht. Unsere Parlamente und Gemeinderäte sind für die Demokratieförderung wichtige Anlaufstellen. Sie sind Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft sowie Plattform für die Diskussion und Entscheidungsfindung bei Themen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Ohne ein Parlament, das die Kernfunktionen der Repräsentation, Gesetzgebung und Kontrolle effektiv erfüllt, lassen sich Demokratie und Good Governance nicht verwirklichen.

Der fortlaufende Dialog und die Rechenschaftsbeziehung zwischen politischen Entscheidungsträgern und Bürgern ist zentral. Neben formalen Beteiligungsverfahren wie Petitionen und Bürgerentscheide ist in den vergangenen Jahren in Deutschland eine neue Vielfalt informeller Dialogformate entstanden, deren Bedeutung nicht zu unterschätzen ist, wie Beiräte und Runde Tische, Leitbildentwicklungsprozesse und Zukunftswerkstätten, Bürgerhaushalte und partizipative Veränderungsprojekte, beispielsweise bei der Landnutzungsplanung oder bei der Entwicklung von kommunalen und regionalen Nachhaltigkeitsstrategien. Gerade für die Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Agenda 2030 ist ein intensiver Austausch und engere Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft zwingend erfoderlich, um pragmatische wie regional angepasste Lösungen zu finden und umzusetzen.

Der Governance-Fonds setzt sich zum Ziel, den Partnerländern deutsche Erfahrungswerte mit politscher Teilhabe zur Verfügung zu stellen und sie bei der Transformation zu mehr politischer Teilhabe der Bevölkerung zu unterstützen. Instrumente des Governance-Fonds sind Experteneinsätze Studienreisen, Dialogformate und Aus- und Weiterbildungen, um Wissenstransfer und Austausch in dem Bereich politische Teilhabe zu fördern

Beispiele aus den Pilotländern

Serbien

Schwerpunkt: Partizipative Landnutzungsplanung

  1. Sukzessive Verbesserung des Flurneuordnungsansatzes
  2. Beratung bei der Ausgestaltung des Gesetzes über die Flurneuordnung inklusive nachfolgender Verordnungen
  3. Unterstützung bei der institutionellen Reform der zuständigen Behörde

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Pakistan

Schwerpunkt: Dezentralisierung und Bürgerbeteiligung

  1. Qualifizierungsangebote für Beschäftigte der Kommunalverwaltung und der Steuerverwaltung
  2. Beratungs- und Forschungsangebote für die kommunale Ebene
  3.  Austausch zwischen Kommunalverbänden in Pakistan und Deutschland

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Studien im Auftrag des Governance Fonds

Achieving Success in Public Participation

A multi-stakeholder perspective on the state of citizen involvement and participation in Germany, and implications for international cooperation

2020 | Nils Napierala und Henrik Schober-Oschmann | Governance Fonds | Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Public participation is highly sensitive to context. In Germany, numerous local frameworks exist, but institutionalization on the national level is yet to be achieved. Key considerations surrounding citizen participation include the design and implementation of processes as well as enabling conditions related to politics and culture. Based on expert interviews with stakeholders from government, administration, civil society and academia in Germany, this paper develops a set of success factors for citizen participation. In addition, it addresses the question if such conclusions might provide input for international cooperation. A second set of interviews, conducted with GIZ staff in six African countries, offers briefings on regional characteristics of citizen participation and the involvement of civil society organizations. Matching both threads of analysis shows that political ownership, accountability, transparency, communication and a sense of community are among the key indicators for assessing citizen participation.

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